Zur Abwechslung: Queerer Veganer zum Thema Gendern

Menschen und Meinungen

Zur Abwechslung: Queerer Veganer zum Thema Gendern

Meinungen

Stern und Doppelpunkt sind wohl gut gemeint. Doch als schwuler Mann fühle ich mich durch die Gendersprache eher sexualisiert und markiert. Sie macht alles nur noch schlimmer. Wir werden auch ohne Wokeness Wege des Zusammenwachsens findet. Bitte liebe ARD, gefährden Sie diesen gesellschaftlichen Prozess nicht, indem Sie durch groteske Sprachexperimente mit dafür sorgen, dass gegenderte Inhalte oder die Probleme der LGBT-Gruppe von einer genervten Mehrheit nicht mehr ernst genommen werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist einer der letzten großen gemeinsamen Nenner unseres Landes. Es liegt in Ihrer Verantwortung, ob dieses auch in Zukunft so bleibt.

Kommentare

Gespeichert von Roman Roell am Fr., 18.06.2021 - 16:54
ARD-Themenpat:in

Permalink

Vielen Dank Patrick für diese offenen und klaren Worte. Viele Grüße Roman

Ich hoffe nicht, dass ich mich hier als nicht-binäres Geschlecht mit meinen Ernährungsgewohnheiten outen und rechtfertigen muss, dass mein Standpunkt gewürdigt wird.

Ehrlich: Ich befürchte genau das in 'unserer ARD'.

Diesen Punkt wollte ich mit meiner Überschrift vor Augen führen. Ihre Standpunkte sollten genauso gewürdigt werden, wie die meinen (solange sie nicht über das Ziel hinaus schießen). Alles andere wäre ungerecht und wenig empathisch.

Gespeichert von uepsilonniks am Fr., 18.06.2021 - 17:06

Permalink

Zustimmung, und ich beobachte diese Tendenz auch bei mir selbst: Ich kann "LGBT" so langsam nicht mehr hören.

Es sind, meiner Beobachtung nach, nicht wir LGBTs selbst, die das Kürzel in breiter Öffentlichkeit überstrapazieren. Mit einigen Ausnahmen. Wir sind schlicht gekapert worden. Meine Befürchtung ist, dass das bereits Erreichte (Ehe für Alle) beschädigt werden könnte und die Leute im Sinne des Zeitgeistes vordergründig zwar Toleranz zeigen - hintenrum aber mit den Augen zu rollen beginnen. Das will ich nicht. Tut weh. Angesichts immer neuer woken Schlagworte und Verhaltensanweisungen, könnte ich es menschlich aber verstehen.

Der eine oder die andere gendert einfach aus Unbedarftheit mit. Sie meinen es bestimmt gut (oder möchten en vogue sein), denken aber die gesellschaftlichen Konsequenzen nicht mit. Andere wiederum geraten im beruflichen Umfeld unter Zugzwang, was ich besonders gemein finde. Und dann gibt es, meiner Ansicht nach, Menschen, die sich mit dem Genderstern im Halfter auf einen regelrechten Rachefeldzug gegen Otto Normal und seine Gewohnheiten begeben haben. Ich bin kein Psychologe, mitunter wirkt das auf mich aber ein bisschen narzisstisch und irrational. Ich gebe Ihnen recht, das hinter all dem auch das Demonstrieren von Macht steht. Wie auch immer: Gendern hat nichts Freundliches. Es spaltet.

Gerne. Ich verstehe, warum Menschen auf das Gendern hitzköpfig reagieren. Viele Genderbefürworter provozieren (in überaktionistischem Taumel?) Sprachprobleme herauf, die es in dem oft genannten Ausmaß nie gegeben hat. Und lassen Kritiker dann auch noch dastehen, als wären sie ein wenig zurückgeblieben. Das macht auch mich ratlos bis wütend. Die Antwort darauf kann aber nur Ruhe und Sachlichkeit sein. Ich kann mir übrigens kaum vorstellen, dass es nicht Zehntausende gibt, deren Handwerkszeug die deutsche Sprache ist (Autoren, Texter, Journalisten und Künstler), und die nicht in Sorge auf die derzeitige Entwicklung blicken. Hoffe, es werden sich noch viel mehr (ruhige) Stimmen erheben.

Gespeichert von André am Fr., 18.06.2021 - 18:28

Permalink

Richtig erkannt.

Es hilft nicht der "Gemeinschaft", wenn man "die Bürger" erst einmal aufspaltet nach m/w/d

Wenn man von "den Schülern" spricht (z.B. in Abgrenzung von "Lehrern" oder "Eltern"), warum muss ich dann die Schüler nach m/w/d sprachlich durchdeklinieren und auseinanderdefinieren?

Das generische Maskulinum ist die einfache, allgemeine und korrekte Bezeichnung!

Vielleicht bedarf es einer Image-Kampagne für das das generische Maskulinum. Die konsequente Rückkehr zu dieser (auch für mich als Vielleser und Gerneschreiber) einzig korrekten und gerechten Weise, würde so vieles leichter machen.

Deutsche Sprache kam auch schonmal ohne gegendere aus. Wir hatten weder Artikel noch hatten Sachworte ein Geschlecht.
Ich muss sagen ich bin kein Fan davon. Können wir nicht wie einst ganz darauf verzichten?

Was würden Sie sagen, wenn eine Mehrheit für ein generisches Feminin stimmen würde? Also Schülerinnen, Lehrerinnen, … meint alle Menschen, auch die Männer, non-binär, …

In einer Gesellschaft in der statistisch gesehen mehr Frauen (50,7%, 2018) als Männer leben, doch eigentlich fair?

Lieber Namensvetter, ein Fußgänger kann auch eine Frau sein, eine Fußgängerin aber nicht in jedem Fall ein Mann. Insofern sind Frauen in unserer Sprache bereits doppelt bedacht. Das generische Maskulinum hat nicht automatisch etwas mit dem tatsächlichen Geschlecht des Menschen oder dessen sexueller Ausrichtung zu tun. Von daher verfügen wir über ein hinlänglich etabliertes und einfaches Regelwerk, das Männer, Frauen und Diverse gleichermaßen anspricht. Würde eine nicht binäre Person ausdrücklich darauf bestehen, statt Mathematiker oder Mathematikerin, beispielsweise "Mathematix" genannt zu werden, würde ich es zu tun. Eine komplette Sprache pauschal neu auszurichten, lehnte ich aber ab.

Und, Patrick, um konkret auf Ihre Frage zu antworten: Würde sich, etwa bei einer Volksbefragung, eine Mehrheit für das generische Femininum aussprechen (oder auch den Genderstern samt Glottisschlag), würde ich in der Alltagskommunikation vermutlich auf Plattdeutsch umsteigen ;). Bücher besorgte ich mir auf dem Flohmarkt, Radio hörte ich auf Niederländisch und bestimmt bliebe irgendwo auch eine ungegenderte Nachrichtensendung übrig (trotz RTL-Aversion bin ich neugierig auf das geplante Primetime-Nachrichtenformat des Senders). Vor allem aber würde ich um die deutsche Sprache trauen, die mehr als nur ein Regelwerk ist. Sie ist Poesie und Wohlklang. Und ja - auch Heimat.

Warum es das "generische Femininum" nicht gibt, und warum das generische Maskulinum die anerkannte, integrierende und allgemeine Bezeichnung ist, das haben Sprachwissenschaftler umfangreich erläutert.
Lesen Sie nach.
Z.B. bei Ewa Trutkowski,
oder auch bei Fabian Peyr, "Von Menschen und Mensch*innen", 20 gute Gründe, mit dem Gendern aufzuhören.

Gespeichert von Harry am Sa., 19.06.2021 - 12:46

Permalink

Ich stimme Ihnen, Patrick, zu. Nur in einem habe ich eine abweichende Meinung.
Der ÖR ist nicht mehr der große gemeinsame Nenner unseres Landes. Das hat er inzwischen verspielt. Der ÖR ist ist zum Spalter der Nation geworden.
Warum?
Einen Punkt nannten Sie selbst. Obwohl das Gendern von der Mehrzahl abgelehnt wird, belehrt uns der ÖR damit immer wieder.
Ein anderer Punkt ist die einseitige links/grüne Berichterstattung. Die Probleme/Meinungen vieler Bürger werden so ignoriert und somit Gräben ausgehoben.
Eine wirkliche neutrale Berichterstattung gibt es im ÖR nicht mehr.

Hallo Harry, vielleicht ist bei dem gemeinsamen Nenner der Wunsch der Vater des Gedanken. Ein Land ohne öffentlichen Rundfunk möchte ich mir nicht vorstellen. Allein was an regionaler Berichterstattung verloren ginge, wäre schmerzlich. Aber ich gebe Ihnen recht, dass dieser Rundfunk eine klare Linie verfolgen sollte, in der sich die Mehrheit (zu der ich mich trotz diverser Randgruppenzugehörigkeiten übrigens auch zähle) gehört und verstanden fühlt. Eine gewisse Polittendenz und etwas Arroganz und Starrköpfigkeit, sind auch mir bei den ÖR aufgefallen. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass sie auch immer wieder gute journalistische Arbeit leisten - und manchmal sogar Spaß machen.

Gespeichert von saggi am Mi., 23.06.2021 - 15:07

Permalink

Ich möchte Ihnen herzlich für Ihre Meinung danken.
Das angesprochene "genervt sein" ist bei mir leider der Fall, so das ich beim Thema der verwendeten Sprache nicht ruhig bleiben kann. Aufgrund Ihrer ruhigen und aufklärenden Worte will ich versuchen, das für mich als Vorbild zu verinnerlichen.

Hallo saggi, es freut mich, dass meine Worte angekommen sind. Wie entspannt ich persönlich auch in Zukunft gegen die Gendersprache argumentiere, kommt darauf an, welche Kreise sie noch ziehen wird. Schon jetzt ist ein ziemlicher Schaden entstanden. Ich verliere mein Vertrauen zu Menschen, die einmal voller Begeisterung auf den Gender-Zug aufgesprungen sind. Wie rasch würden ebendiese ihre Fahnen auch bei anderen (heiklen) Themen nach dem Wind ausrichten? Wir müssen miteinander reden. Das bleibt der einzige Lösungsansatz. Und am Ende, auch dieses ARD-Zukunftsdialoges, werden die Genderfans einsehen müssen, dass man einer großen Mehrheit nicht derartig über den Mund fahren darf. Das hoffe ich.

Gespeichert von Patrick F. am Do., 24.06.2021 - 16:07

Permalink

Liebe ARD, liebe Kommentatoren, vielen Dank für die bis dato anregenden Rückmeldungen auf meinen Beitrag. Ich möchte noch präzisieren, warum ich die Gendersprache ablehne: Als Junge traute ich mich nicht zu äußern, dass ich Florist werden wolle, weil ich befürchtete, damit als "weibisch" zu gelten. Ich habe in meiner Jugend unendlich viel Gewalt und Schikane erlebt. Warum? Weil ich sanftmütig und verträumt gewesen bin. DAS sind u.a. die konkreten Themen, mit der sich die ARD beschäftigen sollte. Wird nun auch noch meine Sprache zerpflügt, denke ich mir: Wann endlich hört es auf, dass auf meiner Identität herumgetanzt wird? Der Genderstern ist reine Maskerade. Lasst es uns anders machen!

Gespeichert von OthmarARD am So., 27.06.2021 - 01:17

Permalink

Nehme eine Gruppe von Frauen wahr, die unter dem Vorwand politischen Kampfes immer noch ihre privaten Kämpfe aus Kindheitstagen fortführen, als gleichwertig gesehen zu werden. Ein zu viel Kraft kostender Nebenschauplatz. Lenkt davon ab, die grossen brennenden Fragen der Gegenwart anzugehen.
Sprache ändert nicht die sozio-ökonomischen Verhältnisse, sondern ist nur Ausdruck davon. * maskiert nur die Tatsache, dass die Verhältnisse sich nur über viele Generationen hinweg mit viel Geduld + ergebnisoffen ändern können - evolutionär und nicht revolutionär mit der Brechstange. Letztere Methode entspringt einer gewalttätigen Grundhaltung, die mir in der ARD zu stillschweigend geduldet wird.

Hallo OthmarARD, Sie haben meine eigenen Gedanken treffsicher, ehrlich und völlig richtig ergänzt. Vielen Dank! Auch ich nehme bei Gendersprech- und Wokeness-Aktivisten (und deren Mitstreitern), oft ein gewalttätiges Grundrauschen wahr. Bei aller Unterschiedlichkeit der Hintergründe, empfinde ich dabei das selbe Unbehagen, wie ich es angesichts von frauen-, schwulen- oder transfeindlichem Verhalten spüre. Auf der einen wie der anderen Seite, wird an anderer Leute Identität herumgezerrt . Ich bin mir sicher, dass sich (zumindest in den Demokratien) die Verhältnisse aus sich selbst heraus, mit Klugheit und Fingerspitzengefühl, nachhaltig ändern lassen. Warum also die Brechstange?

Gespeichert von OthmarARD am So., 27.06.2021 - 01:22

Permalink

Jede Gewalt ruft Gegengewalt hervor. So sollte es die Entscheidungsträger (stellvertretend Tom Buhrow) nicht wundern, wenn gerade in Kreisen, die sich als konservativ in einem positiven Sinne von „Werte bewahrend” verstehen, und die für sich in Anspruch nehmen, ein eigenständiges methodisches Denken anwenden zu können, (anstatt sich von deutschtypischer(?) Hysterie leiten zu lassen) … wenn sich in diesen Kreisen Wut(!) regt.
Ich wünsche mir eine Rückkehr der ARD aus der Rolle des Agitators zurück in die des Beobachters in dem Sinne, die „verlängerten Augen und Ohren” von uns allen zu sein, die wir mit unseren Beiträgen die Öffentlich Rechtlichen finanzieren.

Gespeichert von OthmarARD am So., 27.06.2021 - 01:26

Permalink

Die privaten Sender müssen den Regeln des Marktes folgen. Die Öffentlich Rechtlichen sollten sich wieder mehr darauf besinnen, eine unaufgeregte Alternative dazu anzubieten.

Abgesehen von all dem oben Gesagten.
Zitat, WDR5 vor wenigen Monaten: „ … die Kandidaten und Kandidatinnen für das Amt des Bürgermeisters / der Bürgermeisterin …” - anstatt schlicht und klar:
… die Kandidaten fürs Amt der Bürgermeisters ...
Ist solch eine Umständlichkeit nicht einfach HÄSSLICH ?!

Klare Antwort: JA! Die ästhetische Grausamkeit des Genderns habe ich bisher noch gar nicht angesprochen, doch sie existiert auch für mich in besonderem Maße. Wäre ich damit allein auf weiter Flur, wäre es wohl mein Privatproblem. Doch das ist es nicht. Gendernde Medien, Behörden und Firmen kränken ohne jede Not, jeden nur halbwegs sprachzugeneigten oder einfach nur auf die Einhaltung von Rechtschreibregeln bedachten Empfänger. Ohne dabei einen echten Mehrwert für diejenigen zu schaffen, die "sichtbar" gemacht werden sollen. Abgesehen von einigen auf Instagram-Likes bedachte Prominente, kenne ich im echten Leben niemanden, der oder die ernsthaft gendert. Nicht einmal in der LGBT-Community.

@PatrickF: Ich hatte gestern eine sehr angeregte Diskussion mit einem Kollegen, der mir erzählt hat, dass gerade junge Menschen auch in der gesprochenen Sprache gendern. Seinen Worten nach aus sehr viele. Ich selbst habe im Kontakt mit Hörern und Zuschauern und auch durch meine beiden Töchter wirklich viel mit Leuten zwischen 18 und 25 zu tun und kenne wie Sie niemanden persönlich, der im echten Leben in der gesprochenen Sprache gendert. Ihr Input, dass nicht mal die LGBTQ-Community gendert bestärkt mich zusätzlich im Eindruck. Woher kommt also diese unglaubliche Überzeugung bei den Medienschaffenden? Vielleicht sind es ja wirklich die Instagram-Likes. Viele Grüße Roman